Winterverluste 2017 / 2018
Imker haben über den Winter viele Bienenvölker verloren. Einige Imker der Region haben dieses Jahr überdurchschnittlich viele Völker verloren.
Schuld daran sind unter anderem fehlende Futterpflanzen für die Bienen. In Männedorf findet am Samstag ein Bienenpflanzenmarkt statt.
Seit etlichen Wochen fliegen sie wieder — die Honigbienen. Sobald Temperatur und Futterangebot stimmen, machen sich die fleissigen Tiere auf die Suche nach Pollen und Nektar. Doch nicht alle Bienenvölker überleben jeweils die Wintermonate. Christine Carigiet, Imkerin in Uetikon, hat diesen Winter erstmals seit fünf Jahren ein Bienenvolk verloren. Nun besitzt sie noch elf Stöcke.
Viel schlechter erging es Kollegen in der gleichen sowie in der Nachbargemeinde: «Beim einen Imker ist die Hälfte der Völker eingegangen, beim anderen sind sieben von acht gestorben», erzählt Carigiet. Das sei im Vergleich mit anderen Jahren ein sehr grosser Verlust. Als normal gilt eine Wintersterblichkeit von 10 Prozent.
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Spritzmittel im Larvenfutter
Die Gründe für das Sterben der Bienen seien vielfältig, sagt Carigiet, die auch Imker ausbildet. «Das ist ein äusserst komplexes Thema.» Persönlich glaube sie, dass ein Zusammenhang mit Umweltgiften bestehe. Im Frühling würden die Bienen sehr viel Wasser holen sowie Pollen sammeln, die oft mit Spritzmitteln kontaminiert sind. Vermischt mit Speichel entsteht daraus Futter für die Larven. «Die Bienenbabies entwickeln sich dann in dieser schädlichen Lösung.» Teste man die Giftstoffe einzeln, liessen sich schädliche Folgen oft nicht nachweisen. «Die Kombination aber macht es aus.» Die Imkerin ist überzeugt, dass es Massnahmen braucht, um die Bienen besser vor Umweltgiften zu schützen. «Der Bund soll bestimmte Stoffe verbieten.»
Eine grosse Rolle bei der Bienensterblichkeit spielt laut Christine Carigiet auch, wie robust eine Honigbienenrasse ist. Sie selber setzt auf eine einheimische Landrasse, welche sie möglichst naturnah hält. So lässt die Uetikerin ihre Bienen etwa über das Schwärmen vermehren. Andere Imker züchten die Königinnen durch Selektion selbst. «Das Schwärmen ist der natürliche Trieb der Tiere.» Sie gehe davon aus, dass die Bienen am besten wüssten, wie sie ihr Weiterbestehen sichern könnten, sagt Carigiet. Sie empfiehlt zudem, den Bienen für den Wintervorrat nicht nur Zuckerwasser zuzufüttern, sondern ihnen einen Teil des Honigs zu überlassen. Die Tiere würden die wertvolle goldene Masse benötigen, um gesund zu bleiben. «Wir trinken ja auch nicht Zuckerwasser, wenn wir krank sind.»
500 Milben in drei Wochen
Samuel Städeli ist ehemaliger Präsident des Bienenzüchter-Vereins Meilen. Er besitzt 33 Honigbienenvölker. «Alle haben den Winter gut überstanden.» Städeli ist überzeugt, dass dies an seiner konsequenten Bekämpfung der Varroamilbe liegt. Der Parasit ernährt sich vom Blut der Honigbienen und ist verantwortlich für das Sterben unzähliger Völker.
Drei Wochen lang hat Städeli täglich eineinhalb Stunden lang die Varroamilben in den Kästen gezählt. Damit konnte der Imker kontrollieren, ob eine erste Behandlung mit Oxalsäure die Parasiten genügend stark dezimiert hat. «Kam ich bei einem Volk nach drei Wochen auf 500 Milben, war eine Nachbehandlung nötig.» Städeli räumt ein, dass dieses Vorgehen äusserst aufwendig ist. «Wer berufstätig ist, kann diese Zeit kaum investieren.»
«Ein herber Verlust»
Ein Blick über die Bezirksgrenze hinaus zeigt auch dort eine sehr unterschiedliche Bilanz: Während einige Imkerkollegen von Fritz Gutknecht, Betriebsprüfer beim Kantonalverband Zürcher Imkervereine, fast keine Verluste beklagen, hat es Gutknecht hart getroffen: Er hat 18 seiner 22 Völker im Neeracherried verloren. «Das ist ein herber Verlust für mich», sagt er. So etwas habe er in seinen 25 Jahren als Imker noch nicht erlebt. Als verantwortlich für das Bienensterben bezeichnet Gutknecht die Varroamilbe sowie das Auftreten von Ruhr, einer Durchfallerkrankung der erwachsenen Biene.
Er kann sich aber keinen Reim darauf machen, was bei der Bekämpfung der Milbe schief gelaufen sein könnte. «Ich habe sowohl zwei Sommer-, als auch eine Spätherbstbehandlung durchgeführt.» Zudem vollzog er zwei Drohnenschnitte. Dabei vernichtet der Imker ein Stück Wabe mit verdeckelter Drohnenbrut, weil sich hier auch ein grosser Teil der Varroabrut befindet. Ein Vorgehen nach Lehrbuch sozusagen. «Möglicherweise hat die Milbe eben noch weitere Parasiten eingeschleppt», sucht Fritz Gutknecht nach einer Erklärung.
Ende Juni kein Futter mehr
Heidi Jucker Meier sagt, dass auch das Futterangebot entscheidend sei für die Gesundheit eines Bienenvolkes. Die Männedörflerin hält aktuell nur ein Volk. Bienen würden sich bei Temperaturen ab 14 Grad auf Futtersuche begeben, erklärt sie. Deshalb sei entscheidend, dass möglichst lange ein Pollen- und Nektarangebot vorhanden sei. «Letztes Jahr etwa waren Ende Juni fast alle Futterpflanzen verblüht.» Entnimmt der Imker dann den Honig, muss er Zuckerwasser zufüttern, damit die Bienen nicht verhungern. «Dieses ist aber viel weniger gehaltvoll als das natürliche Futter.»
Eine einfache Verbesserungsmassnahme wäre laut Jucker Meier, wenn Gemeinden ihre Wiesen drei bis vier Wochen später mähen würden. «Dann könnten sich Bienen, Wildbienen und Hummeln an den Blüten gütlich tun.» Auch in Privatgärten oder auf Balkonen könne einiges gepflanzt werden, das den fleissigen Bestäubern als Nahrungsquelle dient. Um für das Thema zu sensibilisieren, organisieren der Bienenzüchter-Verein Bezirk Meilen und die Gärtnerei zum Glück in Männedorf gemeinsam einen Bienenpflanzenmarkt.
In den Räumlichkeiten der Gärtnerei können sich Kunden am 28. April über das Thema informieren und sich gleich mit geeigneten Pflanzen eindecken. «Ziel ist, dass Bestäuber wie Bienen, Wildbienen und Hummeln während der ganzen Saison genügend Pollen und Nektar finden», sagt Eugen Bühlmann, Imker und Inhaber der Gärtnerei zum Glück. Man wolle die Kunden entsprechend informieren. «Nicht jede Pflanze, die schön blüht, bringt den Bienen etwas.» Forsythien etwa hätten weder Pollen noch Nektar. Weiden, Primeli, Krokusse oder im Sommer Wildrosen und Gründüngungen hingegen bieten den Tieren einen reicht gedeckten Tisch. (Zürichsee-Zeitung)