Skip to main content
Imkertehmen 2023
17.12.2023 16:27

Oxalsäure-Verdampfen in Deutschland zugelassen

von Thomas Kustermann

Es war auch wirklich Zeit!

Viele Imker werden erleichtert sein, dass jetzt auch in Deutschland legal Oxalsäure verdampft werden darf! Mich persönlich hat «das Verdampfen» bisher nicht so besonders interessiert, da ich mit den zugelassenen Mitteln schon sehr gut zurechtkam.

Es ist jedoch nicht unbedingt dem Drängen und der tatkräftigen Unterstützung des deutschen Bieneninstituts und des Deutschen Imkerbundes zu danken, dass den Imkern in Deutschland diese Option nun auch offensteht. Ein Bruchteil des Engagements, das für die Datenerhebung als Grundlage für die Einzelzulassungen von Ameisensäure an den Tag gelegt wurde, wäre schon hilfreich gewesen. Der Dank gilt den Imkern und Vereinigungen, die sich mit Engagement für das Verdampfen eingesetzt haben und mit ihren Datenerhebungen auch zur jetzigen Zulassung beigetragen haben dürften.

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]

Der Imker als Apotheker?

Bis vor nicht allzu langer Zeit wurden zum Schutz der Anwender nur Oxalsäure-Präparate zugelassen, die mit allen erforderlichen Zutaten ausgestattet waren: Oxalsäure-Lösung, genau abgewogener Zucker und Dosierspritze. Es war nicht erlaubt, Teilmengen anzurühren. Dann kam Oxuvar 5,7 %, bei dem weder Spritze noch Zucker mitgeliefert wird. Das Anrühren von Teildosen ist hier zulässig und liegt in der Verantwortung des Anwenders. Beim jetzt neu zugelassenen Präparat geht man noch einen Schritt weiter: Der Anwender bekommt den reinen Wirkstoff (Chemie) in die Hand und er muss alle Schritte eigenverantwortlich umsetzen, egal ob er träufelt, sprüht oder verdampft – das ist bemerkenswert!

Wie bei allen Arzneimitteln sollte man vor der Anwendung die Packungsbeilage lesen. Doch lesen reicht nicht – man muss es auch verstehen! Es hilft ungemein, wenn man den Unterschied von «soll» und «muss» kennt. Diese Formulierungen gehören aber zu den Übungen, da für die meisten klar sein dürfte, dass «soll / kann» als Empfehlung und «muss / darf nur / darf nicht» als Pflicht / Verbot zu verstehen ist. Leider ist es nicht immer so klar und leicht verständlich formuliert.

Ich muss daher offen zugeben, dass ich gleich die ersten Sätze in der Packungsbeilage von «Varroxal 0,71 g/g Bienenstock-Pulver» doch etwas verunsichern möchte:

„Im brutalen Bienenvolk als wiederholte Behandlung im Herbst / Winter zu verwenden bei Aussentemperaturen zwischen 2 °C und 10 °C anwenden.

Eine zweite Verdampfungsbehandlung im Abstand von 2 Wochen wird nur empfohlen bei:

⟶  Stark befallenen Bienenvölkern mit einem Restbefall von über 6 %, d.h. mit einem natürlichen Milbenfall von > 1 Varroamilbe pro Tag

⟶  Völkern mit kleinen Flächen verdeckelter Brut im Winter.»

Es geht weiter mit der Einbringungsmethode: «[…] in ein geeignetes Gerät zur Verdampfung (z. B. Varrox oder Varrox Eddy Verdampfer) geben. […]».

Ein Hinweis, was unter einem geeigneten Gerät zu verstehen ist, fehlt gänzlich. Es ist absehbar, dass sich aufgrund dieser unklaren Formulierungen viele individuelle Interpretationen herausbilden werden.

Die Vorteile des Verdampfens

Die besondere Stärke des Verdampfens liegt ganz offensichtlich in der sehr guten Bienenverträglichkeit, verbunden mit einem geringen Wirkstoffeinsatz und hoher Effizienz bei locker sitzenden, brutfreien Bienenvölkern. So kann bei unzureichender Wirkung der Winterbehandlung (egal mit welchem Präparat) eine Nachbehandlung mit dem Verdampfungsverfahren erfolgen, ohne die Bienen (zu stark) zu belasten.

Meine Erfahrung lehrt mich, dass nur die wenigsten Imker bereit sind, den Fall zu kontrollieren und die Behandlungen danach zu richten. Vermutlich werden sich jetzt viele Imker jede Diagnose sparen und rein präventiv die Völker mit dem Verdampfer nachbehandeln, um auf der sicheren Seite zu sein. Der leichtfertige Einsatz dieses Arzneimittels wird durch Äusserungen von «YouTubern» erzwungen, die in ihren Clips immer wieder hervorheben, wie häufig man Völker ohne Schaden bedampfen kann (40-mal!).

Prinzipiell würde sich das Verdampfen auch für die Behandlung von brutfreien Sammelbrutgeräten, Ablegern, Schwärmen und Teilvölkern beim Teilen und Behandeln (TuB) anbieten. Ob dies tatsächlich noch im Rahmen des Zulässigen wäre, kann aufgrund der Formulierung «im Herbst / Winter» und dem vorgegebenen Temperaturfenster angezweifelt werden. Das ist schade, da fachlich unbegründet. So tragisch ist das für uns Imker nicht, da wir hier auch das OS-Sprühverfahren anwenden können – leider mit dem Nachteil, dass es deutlich aufwendiger ist.

Quelle: bienen & natur Ausgabe 12/2023