Skip to main content
Imkerthemen 2019
04.06.2019 21:38

Kombination aus Insektengift und Milben ist für Honigbienen besonders schädlich

Eine internationale Studie mit Berner Beteiligung dokumentiert den «Kombi»-Effekt von Varroa-Milbe und Insektiziden.

Dass gewisse Pflanzenschutzmittel und die verbreitete Varroa-Milbe Bienen zusetzen können, weiss man schon länger. Forscher der Universität Bern und weiteren Hochschulen in den USA und Thailand sowie dem internationalen Honigbienen-Forschungsnetzwerk «Coloss» haben nun erstmals nachgewiesen, dass die beiden Stressfaktoren in Kombination besonders gravierende Auswirkungen haben. Der Effekt könnte laut den Wissenschaftern die weltweit erhöhten Verluste an Bienenvölkern in den letzten Jahren erklären.

[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]

Einfluss auf Langlebigkeit

Für ihre Studie, die am Dienstag in den «Scientific Reports» der Fachzeitschrift «Nature» erschienenen ist, nahmen die Forscher Arbeiterinnen aus Honigbienen-Kolonien unter die Lupe. Die Westliche Honigbiene (Apis mellifera) ist mit Abstand der wichtigste von Menschen gehaltene Bestäuber.

Die Wissenschafter teilten die Tiere in vier Gruppen auf, wobei Gruppe eins als nicht manipulierte Kontrolle diente. Die Bienen der zweiten Gruppe wurden zwei ausgewählten Insektiziden, sogenannten Neonikotinoiden ausgesetzt, jene der dritten Gruppe der Varroa-Milbe. Den Tieren der vierten Gruppe schliesslich muteten die Wissenschafter beide Stressfaktoren zu.

Wie die Resultate zeigen, hatten die Pestizide alleine keinen Einfluss auf das Gewicht und die Langlebigkeit der Arbeiterinnen. Ganz anders die Varroa-Milbe, die sich eindeutig negativ auf die Gesundheit der Insekten auswirkte. Noch klarer akzentuiert war der Effekt bei den Bienen, die Insektiziden und Milben zusammen ausgesetzt waren. In dieser Gruppe fanden sich bei knapp 20 Prozent der Tiere Zeichen einer Schädigung wie zum Beispiel deformierte Flügel oder ein verkürztes Abdomen.

Die Varroa-Milbe stammt ursprünglich aus Asien, wo sie die Östliche Honigbiene (Apis cerana) befällt. Nach einem Wirtswechsel auf die Westliche Honigbiene wurde sie weltweit zur gefährlichsten biotischen Bedrohung der Honigbienen.

Weniger robuste Winterbienen

Wie nun aber der sich verstärkende Effekt von Milben und Pestiziden zustande kommt, sei noch unklar, sagt der Erstautor der Studie, Lars Straub vom Institut für Bienengesundheit der Universität Bern. Es gebe eine These, wonach die Milben in Anwesenheit von Pflanzenschutzmitteln mehr schädigende Viren in sich trügen. Dies habe sich aber nicht nachweisen lassen.

Besonders anfällig waren in der Studie die langlebigen Winterbienen. Diese werden im Herbst geboren, um das Überleben der Kolonie im Winter zu sichern. Bei den Sommerbienen, die zwischen Frühling und Spätsommer schlüpfen und meist nur fünf bis sechs Wochen leben, war der «Kombi-» oder «Cocktail-Effekt» von Milben und Neonikotinoiden zwar ebenfalls nachweisbar, aber geringer.

Der Unterschied könnte der verschiedenen Physiologie von Winter- und Sommerbienen geschuldet sein, erklärt der Berner Bienenforscher und Post-Doktorand Straub. So seien die Sommerbienen aufgrund ihres Immunsystems generell etwas robuster als die Winterbienen.

Von ihren Studienergebnissen aufgeschreckt, plädieren die Forscher dafür, in der Landwirtschaft weniger Insektizide einzusetzen. Zudem sei in der Imkerei eine verbesserte Kontrolle der Varroa-Milbe dringend erforderlich, sagt Straub.

Quelle: NZZ [4.06.2019]