Das macht den Wabenbau der Bienen so besonders
Der Wabenbau der Bienen ist enorm stabil und gleichzeitig leicht. Diese Vorteile haben sich bereits viele Techniker abgeschaut und die Wabenstrukturen auf Autoreifen, Ziegelsteine, Waschmaschinentrommeln und einiges anderes übertragen. Doch was macht ihn so stabil? Wie bauen die Bienen die Waben? Und was hat es mit den unterschiedlich grossen Zellmassen auf sich, die es im Handel gibt?
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Das Bienenwachs aus denen die Baubienen die Waben herstellen, produzieren sie selbst. Baubienen sind Honigbienen etwa in der Mitte ihres Lebens, wenn sie bereits einige andere Aufgaben wie das Zellen reinigen oder auch das Dasein als Ammenbiene für die Brut absolviert haben. Für einige Wochen dürfen die Arbeiterinnen dann als Baubiene Waben bauen, erneuern und ausbessern. Das machen sie, indem sie aus den Wachsdrüsen am Hinterleib kleine weisse Wachsplättchen ausschwitzen und die – nach einem ausgiebigen Verkneten – als Baumaterial für die Waben nutzen.
Dieses frische Bienenwachs ist übrigens komplett weiss. Erst wenn das Wachs mit Propolis vermischt wird, wenn Pollen darin lagert oder auch die Brut in den Zellen heranwächst, verfärbt sich das Wachs – von gelb bis manchmal dunkelbraun.
Wabenbau: Bauen die Bienen wirklich im Sechseck?
Beim Bau der Waben entsteht eine sechseckige Struktur. Die Bienen selbst bauen aber gar keine Sechsecke, sondern eigentlich runde Tunnel bzw. Zylinder. Das fand ein Forscherteam um den Würzburger Wissenschaftler Jürgen Tautz bereits von einigen Jahren heraus. Sie zeigten, dass die Bienen beim Wabenbau das Wachs auf etwa 40 Grad Celsius erwärmen und es dadurch anfängt die Form des bereits entstandenen Bauwerks zu verändern. Es nimmt die Form eines Sechsecks an.
Diese Form ist nach Angaben der Wissenschaftler die energetisch sparsamste Form und besonders stabil. Zellwände, die die Bienen bauen, sind zudem sehr dünn und leicht. Die ausgeschwitzten Wachsplättchen sind nur etwa 70 tausendstel Millimeter dick.
Diese Besonderheiten des Wabenbaus der Bienen nutzen auch dem Imker. Doch in den meisten Imkereien starten die Bienen den Wabenbau nicht allein, sondern die Rähmchen werden mit ganzen Mittelwänden oder zumindest Anfangsstreifen bestückt. Das dient sozusagen als Starthilfe, damit die Bienen ihre Waben nicht kreuz und quer durch die Zargen bauen. Mit den Mittelwänden bekommen sie aber nicht nur eine Richtung vorgegeben. Die Zellstruktur darauf gibt auch die Grösse vor, in der die Biene ihren Wabenbau anlegen. Damit nimmt der Imker ganz gezielt Einfluss.
Wabenbau: Was passiert, wenn die Bienen frei bauen?
Würde man die Bienen ihr Brutnest und den Honigraum komplett frei bauen lassen, sähe dieses anders aus, als in einer klassischen Beuten. „Im Naturwabenbau bauen die Bienen im Zentrum kleinere Zellen, so um die 5,1 mm. Nach aussen werden die Zellen dann grösser. Am Rand des Brutnestes legen sie die Drohnenzellen und Honigzellen an“, berichtet Wachsumarbeiter Josef Röckl von seinen Beobachtungen. In diesem Aufbau haben die Bienen einen kompakten Kern für das Brutgeschäft in der kühlen Jahreszeit. Im Sommer belagern und bebrüten sie den Rest der Waben. „Die Bienen sind also, was das Zellmass betrifft, durchaus flexibel“, erklärt er. Josef Röckl bietet in seinem Betrieb, in dem er das Bienenwachs von Imkern aus ganz Deutschland zu neuen Mittelwänden umarbeitet, Mittelwände in unterschiedlich grossem Zellmass an – je nachdem, was die Imker bestellen.
Seine Erfahrungen: Den grössten Teil der Mittelwände bestellen Imker im Zellmass 5,4 mm. Das kleine Zellmass von 5,1 mm sei vor allem im Erwerbsimkerbereich verbreitet. „Meist im Zusammenhang mit einem grossen Brutraummass und angepasstem Brutraum“, so Röckl. Bis zum ganz kleinen Zellmass von 4,9 mm würden nur wenige Imker gehen, da es von den Bienen nicht ohne weiteres ausgebaut werde.
Was genau hat es mit den unterschiedlichen Zellmassen auf sich?
Damit hat sich auch die Brandenburger Berufsimkerin Sonja Nerge beschäftigt. «Das 5,4-mm-Zellmass ist ein von Menschen gemachtes Zellmass», sagt sie. Es ist etwas grösser, als das, was Bienen üblicherweise bauen würden. Es ist auch aus Überlegungen entstanden, das Fassungsvermögen für die Nektareinlagerung zu vergrössern. Mit dem Kampf gegen die Varroamilbe begann dann ein Umdenken und vielfältige Tests, wie klein eine Zelle noch sein kann. Unter den vielfältigen Versuchen von Imkern und Wissenschaftlern, sind insbesondere die Forschungen über die Resistant Bees von Dee Lusby zu erwähnen.
Die Hoffnung war, dass man die Varroalast senken kann, wenn die Zellen kleiner sind bzw. eher so, wie die Bienen sie von Natur aus bauen würden. Die Annahme war, dass in einer kleineren Zelle auch weniger Milben Platz haben. Bislang ist dies aber noch nicht bewiesen und die Wissenschaft diskutiert noch immer über das «richtige» Zellmass. Zudem merkt auch Sonja Nerge an, dass man dann auch erst einmal definieren müsste, was eigentlich die natürliche Zellgrösse ist. Denn: „Das variiert, wenn man die Bienen frei bauen lässt“.
In ihrer Imkerei nutzt Sonja Nerge das kleinere Zellmass von 5,1 mm. Was es auf jeden Fall bewirke – je nach Wabenmass: Platz für einige Hundert Zellen mehr auf der Wabe. «Ich brauche einfach weniger Waben in meinem Brutraum, um der Königin ausreichend Platz zum Legen zu geben. Und das Mehr an Zellen auf einer Wabe wirkt sich u.a. auch günstig auf die Wärmeentwicklung eines Volkes auf», sagt sie. Die erhöhte Brutnesttemperatur habe einen immensen Einfluss auf die Gesundheit und die Vitalität der Bienenvölker.
Quelle: Deutsches Bienenjournal 4/2021