«Bienen brauchen keine Wollmützen»
Erschienen in der Zürichseezeitung vom 24.02.2018:
Am Wochenende wird es wieder einmal frostig. Nach dem heuer wärmsten Januar seit dem Messbeginn könnte dieser Temperatursturz für kleinere, geschwächte Bienenvölker mit wenig Futterreserven zum Problem werden.
Der diesjährige Januar ging dank dem warmen Wetter in die Klimageschichte ein (Ausgabe vom 1. Februar). Die ungewöhnliche Wärme weckte Flora und Fauna früher als gewohnt aus der Winterruhe. So auch die Bienen.
An diesem Wochenende werden frostige Temperaturen erwartet. Ob und wie gut die hiesigen Bienenvölker diesen Temperatursturz wegstecken, hängt laut Werner Hungerbühler, ehemaliger Bieneninspektor des Bezirks Horgen, von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend seien die Gesundheit und Grösse des Bienenvolks sowie die Erfahrung des Imkers.
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Einem gesunden Bienenvolk könne der Frost nichts anhaben, sagt Eugen Bühlmann, Imker aus Stäfa. «Sollten die Temperaturen jetzt aber über Wochen unter null fallen, müsste man die Bienen zusätzlich mit Futterteig füttern, sofern ihr eigener Vorrat zu knapp ist.» Dazu müsse der Bienenstock geöffnet und der Teig auf die Wabenrahmen gelegt werden, damit die Bienen ihn fressen können. Denn die Tiere verlassen bei Temperaturen unter zehn Grad den Bienenstock nicht.
In der Regel versuchen Imker aber, die Bienenstöcke bis im März ungeöffnet zu lassen, damit das Volk nicht gestört wird. Man könne Grösse und Gesundheit eines Volkes anhand der Aktivitäten beim Eingang des Bienenstocks schon relativ gut abschätzen, erklärt Bühlmann.
Wie Bühlmann sieht auch Hungerbühler den kommenden Eistagen relativ entspannt entgegen: «Bienen passen sich der Natur an. Mit der Kälte werden sie fertig.»
Frost im April ist schlimmer für die Bienen
«Die Wärme im Januar hat die Brutintensität der Bienen verstärkt», erklärt Maja Burlet vom Bienenzüchterverein des Bezirks Horgen. Ein drohender Kälteeinbruch erhöhe den entsprechenden Energiebedarf der Bienen. Sind nicht genug Honigvorräte vorhanden, um diesen zu decken, kann ein Teil der Brut wegen mangelnder Wärme verloren gehen. Burlet macht sich jedoch ebenfalls keine grossen Sorgen wegen der bevorstehenden Minustemperaturen. «Bienen brauchen keine Wollmützen», sagt sie. Ausser Abwarten könne man ohnehin nichts machen. «Letztes Jahr kam der Frost im April. Das war viel schlimmer.» Nicht nur den Obstbauern habe der späte Kälteeinbruch zu schaffen gemacht. Auch die Bienen seien davon betroffen gewesen. Denn die Blüten der Obstbäume seien den fleissigen Insekten eine wichtige Nahrungsquelle, sagt Maja Burlet.
«In der Schweiz gibt es nun mal Temperaturschwankungen. Das weiss jeder Imker und muss seinen Bienen entsprechend Sorge tragen.» Um für solche Schwankungen gewappnet zu sein, sei es wichtig, nur starke Bienenvölker zu überwintern, sagt Hungerbühler.
Eistage im Februar sind nicht ungewöhnlich
«Der ungewöhnlich warme Januar hat die Bienenköniginnen zum Eierlegen animiert», bestätigt auch der Bieneninspektor des Linthgebiets, Konrad Arnold. Allerdings würden die Bienen anhand der noch kurzen Tage merken, dass es eigentlich noch zu früh für das Brüten ist. Entsprechend schätzt Arnold, dass die Brutnester noch nicht allzu gross sein dürften.
Mit dem Einsetzen der Bruttätigkeit der Bienen werden jedoch auch die parasitischen Varroamilben aktiv, welche den Bienen Schaden zufügen könnten, da sie sich auf Kosten der Larven vermehren. «Wo Bienenlarven sind, sind auch die Milben nicht weit. Aber solange es bis im März nicht zu warm wird, sollte das kein Problem sein», erklärt Arnold. Seinen Bienen gehe es auf alle Fälle gut.
Quelle: Zürichseezeitung, Francesca Prader