Bayern will die Bienen retten
Artikel aus der NZZ vom 4.04.2019
Die Regierung unterstützt überraschend ein Volksbegehren
«Beim Thema Ökologie machen wir jetzt keine halben Sachen mehr», versicherte der bayrische Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch. Man habe verstanden, dass Tausende Menschen in Bayern mehr Artenschutz und mehr Ökologie wollten. Dies habe sich im Volksbegehren «Rettet die Bienen» eindrücklich bewiesen. Im Februar hatten sich mehr als 1,7 Millionen Menschen mit ihrer Unterschrift für deutliche Änderungen in der Landwirtschaft ausgesprochen.
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Das Kabinett wird nun den Gesetzestext des Volksbegehrens Anfang Mai – «1:1», wie Söder mehrfach betonte – in den Landtag einbringen. «Das ist ein toller Erfolg auf der ganzen Linie», erklärte denn auch Agnes Becker von der ÖDP, eine der Hauptinitiatoren. Wie grün auch immer Söders Herz nun wirklich ticken mag, er wusste, ein abgeschwächter Gegenentwurf der Regierungskoalition wäre bei der dann nötigen Volksabstimmung aller Voraussicht nach gescheitert. Das kann sich die angeschlagene CSU derzeit nicht leisten.
Bestandesgarantie für BauernDa Söder jedoch nicht nur den Erfüllungsgehilfen geben will, wird seine Koalition weitere Gesetzesänderungen vorschlagen, zum einen, um den über das Volksbegehren sehr verärgerten Landwirten entgegenzukommen. So sollen sie, wenn ökologische Leistungen wie zum Beispiel Blühstreifen an Gewässern neu verpflichtend werden, dadurch keine Fördergelder verlieren.
Zum anderen wollen Söder und seine CSU nun in einem grossen Rundumschlag weit über das Volksbegehren hinaus auch andere Bereiche des Artenschutzes angehen. So soll unter anderem der Flächenverbrauch gesenkt, Dachbegrünungen eingeführt, eine klimaneutrale Verwaltung realisiert, die Lichtverschmutzung reduziert und Artenschutz als Schulstoff gelehrt werden. All das muss allerdings bis Anfang Mai in schriftlicher Form vorliegen.
Konsumenten müssen mitziehenEs wird sich weisen, was nun schöne Worte sind und was umgesetzt wird. Würden viele der neuen Gesetzesformulierungen und Verordnungen wirklich sehr bald umgesetzt, dann könnten Tiere und Pflanzen tatsächlich profitieren. Allerdings müssen auch die Konsumenten bereit sein, sich im Alltag zu engagieren und nicht nur zu unterschreiben. Mehr Biolandbau werde es dauerhaft nur geben, wenn Menschen regelmässig diese teureren Produkte kauften, mahnte CSU-Fraktions-Chef Thomas Kreutzer. Und nicht nur Landwirte, auch Kommunen und Privatleute müssten ihre Flächen naturnah und Glyphosat-frei bepflanzen.
Quelle: NZZ, Ausgabe 4.04.2019, Seite 26; Stephanie Lahrtz, München